Zehn Jahre „Hand in Hand“- Im Jubiläumsjahr freuten wir uns bei der jährlichen Familienkonferenz über eine Rekordbeteiligung. Danke allen, die dabei sein konnten. Hoffnung machten die medizinischen Vorträge.

36 betroffene Familien kamen zum Austausch, zu Vorträgen über den Stand der Forschung und um praktische Tipps zum Leben mit der Krankheit zu bekommen. Insgesamt zirka 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter neun Ärzte und Forscher aus Deutschland und der Schweiz, die sich intensiv mit den Gangliosidosen beschäftigen, Patienten behandeln, Studien begleiten und nach Therapiemöglichkeiten suchen, unter ihnen unser kompletter Medizinischer Beirat außer dem leider verstorbenen Prof. Michael Beck. Außerdem ein Pflege-, ein Rechtsberater und eine Trauerbegleiterin.
Und es gab nicht nur einen sehr ergreifenden Festabend mit der Festrede von Professor Konrad Sandhoff und einigen sehr unterhaltsamen Interviews mit Wegbegleitern unseres Vereins, sondern auch endlich wieder gute Nachrichten aus der Forschung.
Die Pharmafirma „azafaros“ startet ihre Studie mit einem Substrathemmer für GM1, GM2 und Niemann-Pick Typ C nun auch in Deutschland und der Schweiz. Es gibt Heilversuche mit dem zufällig wiederentdeckten Wirkstoff Aloxistatin und JCRs Forschung an einer Art „Taxi“, das die Blut-Hirn-Schranke für eine Enzymersatztherapie überwinden kann, geht weiter. Das alles berichtete uns Dr. Eugen Mengel, Leiter der SphinCS und einer unserer medizinischen Beiräte.

Sprach zum ersten Mal bei einer unserer Konferenzen: Prof. Wolfgang Baumgärtner
Aber auch die so wichtige Grundlagenforschung an GM1 und GM2 in Deutschland sorgt endlich für positive Schlagzeilen. Dr. Eugen Mengel berichtete von einem sehr spannenden Projekt an der Universität Freiburg, das völlig neue Ansätze für die Behandlung der Gangliosidosen beschreibt und mit Prof. Wolfgang Baumgärtner hatten wir einen Grundlagenforscher vor Ort, der an der Entwicklung von Medikamenten für GM1 und GM2 arbeitet, und sogar an einer möglichen Gentherapie forscht. Wir sind froh, dass er uns über seine Arbeit informierte und versprach, uns auf dem Laufenden zu halten.
PD Dr. Tatiana Brémová-Ertl informierte uns über ihre Forschungen und Erfahrungen mit Ataxie, die vor allem bei unseren juvenilen und adulten Patientinnen und Patienten zu großen Einschränkungen der Lebensqualität führt. Sie informierte uns aber auch über das Bestreben der Pharmafirma „Intrabio“, den Wirkstoff N-Acetyl-L-Leucin (NALL), der inzwischen in den USA als Medikament für Niemann Pick zugelassen ist, auch für GM2 zuzulassen. Den Weg dahin unterstützen wir gerne. Waren einige Patientinnen und Patienten unserer Gruppe durch die Teilnahme an individuellen Heilversuchen und Studien doch schon bei der Entwicklung dieses Wirkstoffes dabei.

Dr. Hannah Arnold
Dr. Hannah Arnold und Dr. Eugen Mengel stellten unsere gemeinsam mit der SphinCS initiierten Studien „Acht in Eins“ und „Prado“ vor. Mittlerweile haben wir 84 Patientinnen und Patienten in unsere Register- und natürliche Verlaufs-Studie (Acht-in-Eins) eingeschlossen. In der Prado-Studie, die die psychischen Symptome und psychiatrischen Komorbiditäten von jugendlichen und erwachsenen Patienten mit Tay-Sachs und Morbus Sandhoff systematisch erfasst, wurden bereits 17 Patientinnen und Patienten eingeschlossen.
Ein ausführliches medizinisches Update mit den wichtigsten Erkenntnissen aus den Vorträgen folgt.
Neben diesen medizinischen Höhepunkten hatten wir einen weiteren Grund zum Feiern. Unseren Verein gibt es seit Januar 2015, also seit zehn Jahren. Und da wir im ersten Jahre eine europäische Konferenz in Günzburg organisierten, war diese Konferenz zugleich die 10. deutsche Familienkonferenz. Wobei wir inzwischen über Deutschland hinausgewachsen sind, was bei so einer seltenen Erkrankung wichtig und zielführend ist. So hatten wir in diesem Jahr zwei Familien aus der Schweiz und je eine aus Österreich, Dänemark und Spanien zu Gast.
Gemeinsam feierten wir am Samstagabend unser zehnjähriges Jubiläum mit einer sehr schönen und emotionalen Feier, die einige Überraschungen zu bieten hatte. Die Festrede hielt Prof. Konrad Sandhoff, der uns fast von Beginn an mit seiner unglaublichen Expertise unterstützt und berät. Nicht zufällig ist eines unserer Krankheitsbilder nach ihm benannt, weil er es entdeckte und zuerst beschrieb. Trotz seiner 86 Jahre hielt Professor Sandhoff eine fulminante Festrede, in der er für viele erstmalig die Ursache des kirschroten Flecks auf der Augenmakula erklärte.

Hatte die Lacher auf ihrer Seite: Karin Sandhoff im Gespräch mit Andreas Kemper und Ralf Thees.
Nach dem festlichen Diner interviewten unsere Gründungsmitglieder Ralf Thees und Andreas Kemper einige Wegbegleiter der vergangenen zehn Jahre. Darunter Igor Kats, dessen Familie die erste von der Krankheit betroffene war, die sich kurz nach der Gründung unserem Verein anschloss. Oder Melanie Mende, die sich unmittelbar nach der Diagnose ihres Sohnes Ben bei uns meldete und uns seitdem auf vielfältige Weise unterstützt. Oder Dr. Laila Arash-Kaps, die seit unserer ersten Konferenz uns bei fast allen Konferenzen im In- und Ausland begleitete, unterstützte und beriet. Sonja Hasemann, die sich seit zwei Jahren um die stetig wachsende Gruppe der adulten Betroffenen kümmert und selbst Karin Sandhoff, die ihren Mann von Beginn an stets zu unseren Treffen begleitet, kam auf die Bühne. Sehr unterhaltsam schilderte sie, wie der junge Student Konrad

Viel Spaß hatten die Kinder in der Kinderbespaßung mit dem Zauberer ZaPPaloTT
Sandhoff, sie beeindrucken wollte, indem er das Wasser zweier Münchner Brunnen einfärbte.
Anschließend überraschten die Familien die beiden Vereinsvorsitzenden Birgit und Folker mit einem Geburtstagsständchen, einem Hand-in-Hand-Schriftzug und die Familien hatten für eine gemeinsame Auszeit mit Dario gesammelt. Das Team der SphinCS, mit der wir seit deren Gründung eng und vertrauensvoll zusammen arbeiten, überraschte uns mit impressionistischen Darstellungen unserer Krankheitsverläufe. Und am Ende eines langen Festabends wurden ein paar Tische zur Seite geräumt und das Tanzbein geschwungen. Getreu unserem Motto „Leben mit Tay-Sachs und Sandhoff“ bewies unsere Gruppe einmal mehr, dass man trotz einer so schwerwiegenden Erkrankung auch ausgelassen und fröhlich sein kann und darf. So tanzten Betroffene, Familien, Ärzte und Forscher bis spät in die Nacht.

Neben der Feierlichkeiten und medizinischen Vorträgen konnten unsere Familien aber auch viele praktische Tipps mit nach Hause nehmen. Unser Pflegeberater Markus Oppel informierte über die neuesten Entwicklungen bei der Pflegeversicherung und stand während der kompletten Tagung den Familien auch zu speziellen Problemen zur Verfügung. Unser Rechtsanwalt Philip Koch führte mit vielen Praxisbeispielen ins Sozialrecht ein, Prof. Jürgen Deckert schaute durch seine psychiatrische Brille auf die Herausforderungen gesunder Geschwisterkinder und wie man ihnen am besten begegnet. Prof. Andreas Hahn und Dr. Tunç Tuncel leiteten einen Epilepsie-Workshop und Melanie Mende organisierte einen Gesprächskreis für Eltern, die ihr Kind an die Krankheit verloren haben. Wie jedes Jahr gedachten wir bei zwei sehr bewegenden Zeremonien unseren leider viel zu vielen kleinen Engeln. Auch in diesem Jahr mussten wir uns von fünf Kindern verabschieden.
Wir danken allen unseren fleißigen Helferinnen und Helfern, ZaPPaloTT , der nicht nur unsere Kinder verzauberte, Christoph Kirchner von der ckfm, der die Höhepunkte unserer Konferenz zu einem kleinen Film verarbeitet hat, Patty Varasano, die mit ihren tollen Fotos viele schöne Erinnerungsmomente geschaffen hat und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Maritim Würzburg, die uns so freundlich bedient und betreut haben.
Und hier gibt es die Höhepunkte unserer Konferenz in einem Kurzfilm von Christoph Kirchner:
Wunderbar. Wichtig. Wertvoll.