Drei starke Mamas und ihre kleinen Helden.

Nicht nur beim Abschied ist weinen erlaubt. Es waren wieder sehr emotionale und intensive Tage beim 6. Europäischen Familientreffen, zu dem diesmal die spanische Selbsthilfegruppe ACTAYS nach Madrid eingeladen hatte. Doch trotz der ernsten Themen, hatten wir auch sehr viele schöne Momente in unserer Gruppe und mit den anderen Familien aus ganz Europa. Viele liebgewonnene Freunde sieht man nur einmal im Jahr bei der europäischen Familienkonferenz, neue Familien und neue Freunde kommen dazu. Vielen Dank den Organisatoren von ACTAYS, Beatrice, Natalie und Marialy und ihren vielen Helfern. Ihr habt wirklich einen tollen Job gemacht.

Die Familie Kadner gehört jetzt auch zu unserer Hand-in-Hand-Familie.

Familie Mutlu hat gleich nach der Diagnose von Harun den Weg zu unserer Gruppe gefunden!

Hand in Hand gegen Tay-Sachs und Sandhoff in Deutschland war mit einem starken Team angereist. Wir danken allen Familien, die uns begleitetet haben: Für Milena, Matheusz und Viktoria war es schon die zweite internationale Konferenz. Sehr kurz nach der Diagnose ihres Sohnes Harun trauten sich Leyla und Abdulcelil Mutlu mit uns zu reisen. Melanie und Daniel Mende mussten zum ersten Mal ohne Ben den Weg zu einer Familienkonferenz gehen. Das war nicht einfach für sie, aber sie werden weiter kämpfen, um mit uns die Krankheit zu besiegen. Die Familie Kadner hat zwar schon lange die Diagnose für ihren Sohn Milan, fand unsere Gruppe aber erst im Herbst des vorigen Jahres, nachdem die Medien über unsere deutsche Konferenz in Würzburg berichtet hatten. Mit Milan hatten wir das erste Mal aus Deutschland einen Betroffenen mit der erwachsenen Form der Erkrankung bei einer europäischen Konferenz dabei.

Dr. Laila Arash-Kaps begleitete uns wieder mit ihrem medizinischem Fachwissen und sammelte eifrig Informationen. Dr. Tatjana Bremova vertrat Deutschland hervorragend als Rednerin. Sie berichtete von der geplanten Tanganil-Studie. Petra Kleinhans half unserer Delegation mit ihren perfekten englischen und spanischen Sprachkenntnissen. 

Melanie, Daniel und Leo Mende!

Ein wirklich tolles Team. Danke, dass ihr alle dabei wart!

Am ersten Tag gab es viele praktische Tipps von Psychologen, Therapeuten und Ärzten, wie eine Familie mit dem schweren Schicksal einer solchen Diagnose fertig werden kann.  Gemeinsam mit Dr. Arash-Kaps erstellen wir ein Protokoll. Wir werden es allen Familien zur Verfügung stellen.

Dr. Laila Arash-Kaps

Am zweiten Tag stand die medizinische Forschung im Mittelpunkt. Auch dazu werden wir noch ein Protokoll verfassen und im Oktober bei unserer deutschen Konferenz informieren und diskutieren.

Aber wir wissen, dass die Familien nicht lange warten wollen, bis sie die Neuigkeiten hören. Darum hier schon eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse des medizinischen Teils.

Im Prinzip gibt es fünf Projekte, auf die wir unsere Hoffnung setzen können, ohne falsche Erwartungen zu wecken.

Prof. Timothy Cox

Zentral bleibt natürlich die Gen-Therapie.

Über die sowohl Professor Timothy Cox als auch Dr. Begona Cachon Gonzales berichteten. Nachdem alle Genehmigungen erteilt sind, geht es jetzt darum, Gelder für die klinische Studie einzutreiben und die Vektoren zu produzieren. Prof. Timothy Cox ist in Gesprächen mit Investoren und wir können hoffentlich bald gute Nachrichten dazu bekommen. Dann können die Vektoren produziert und noch einmal getestet werden. Bevor die Studie mit den ersten infantilen Kindern beginnen kann, sind also noch einige Dinge zu erledigen. Aber das Team ist dran und arbeitet die offenen Punkte ab. Wir hoffen alle, dass es möglichst schnell geht.

Tim Cox im Gespräch mit Dr. Arash-Kaps und Abdulcelil

Dr. Catherine Callaud stellte die französischen Forschungen an einer Gentherapie mit dem Vektor AAV9 vor, der auch bei anderen Gentherapeutischen Forschungen schon zur Anwendung kam. Hier gibt es gute Erfolge in Maus-Modellen.

Das dritte Projekt ist die Tanganil-Studie, die im Herbst diesen Jahres starten soll. Dr. Tatiana Bremova berichtete von den individuellen Heilversuchen bei Niemann-Pick, Tay- Sachs und Sandhoff. Die Studie wendet sich zunächst an juvenile und adulte Patienten. Dr. Bremova sieht aber auch bei infantilen Kindern Potential. In individuellen Heilversuchen wurden bereits Verbesserungen gesehen. Unsere Selbsthilfegruppe steht mit dem Münchner Forscher-Team um Professor Michael Strupp und Dr. Bremova in engem Austausch.

Dr. Tatiana Bremova

Tanganil ist ja eine hochpotenzierte Aminosäure. Es gibt eine zweite Aminosäure, der positive Wirkungen bei unseren Patienten nachgesagt werden. Dr. Mario Cardero stellte die Forschungen in Sevilla vor. Mittels einer Blutprobe und Hautbiopsie wird getestet, ob der Patient auf den Wirkstoff anspricht. Entsprechend wird er dann verabreicht. Es könnte eine Alternative für Patienten sein, bei denen Tanganil keine Wirkung zeigt oder nicht vertragen wird. Wir werden diese Forschungen intensiv verfolgen und informieren, sofern man die Tests mit den Hautbiopsien auch in Deutschland machen kann.

Unsere großen Kämpfer!

Der fünfte Silberstreif am Horizont heißt Venglustat. Es ist ein Substrathemmer, das heißt stark vereinfacht ausgedrückt, die Zellen produzieren schlicht weniger Ganglioside, die Tay-Sachs und Sandhoff-Kranke schlecht oder gar nicht abbauen können. Ähnlich wie Miglustat, das schon lange für Niemann-Pick zugelassen ist, aber auch bei Tay-Sachs und Sandhoff-Patienten im Off-Label-Use zum Einsatz kommt. Vorteil von Venglustat ist, das es im Vergleich zu Miglustat deutlich weniger Nebenwirkungen hat und vor allem die Blut-Hirn-Schranke besser überwindet. Es laufen bereits Studien bei anderen lysosomalen Speicherkrankheiten. Gelingt die Zulassung, könnten wir im Off-Label-Use an den Wirkstoff kommen. Der Königsweg aber wäre eine Studie auch an Tay-Sachs und Sandhoff-Patienten, um die klinische Wirksamkeit auch bei den Gangliosidosen beweisen zu können.

Birgit bei Viktoria

Leider dauert der medizinische Fortschritt meistens sehr lange. Doch unsere Kinder haben nicht viel Zeit, bauen ab, verlieren Fähigkeiten. Doch wie schrieb Professor Konrad Sandhoff im Vorwort unserer Broschüre: „Jedoch liegen heilungsbringende Erfolge noch in der Zukunft, auch wenn diese manchmal überraschend schnell kommen können.“ Als wir 2014 Darios Diagnose bekamen, gab es nur die Forschungen an einer Genthreapie in Großbritannien und den USA.

Abschlussessen in der Tapas-Bar.

Heute arbeiten drei Teams an einer Gentherapie für Tay-Sachs und Sandhoff und es gibt drei weitere ziemlich konkrete Optionen, die den Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen können. Tanganil wurde in individuellen Heilversuchen bereits an Patienten getestet. Eine europaweite Tanganil-Studie startet im Herbst diesen Jahres, wir hoffen, dass weitere klinische Studien schnell folgen.

Sehr eindrucksvoll und emotional beendete Dan Lewi von der englischen Selbsthilfegruppe CATS und Präsident des europäischen Dachverbandes ETSCC (European Tay-Sachs und Sandhoff Charity Consortium) unser Treffen. Im Namen aller Vertreter der Selbsthilfegruppen in Europa versprach er den Familien, dass wir nicht aufhören zu kämpfen, bis wir die Krankheit besiegt haben (siehe dazu den eigenen Blogbeitrag).

Wir danken der SBK Siemens Betriebskrankenkasse für die großzügige Unterstützung im Rahmen der Selbsthilfeförderung.

 

Die Vertreter der europäischen Selbsthilfegruppen nutzen das Familientreffen auch immer für ihre interne Jahressitzung, zum Gedanken- und Meinungsaustausch. Vor allem aber beschließen wir, wer wo die nächste Konferenz ausführt. Schon zuvor wurden wir gefragt, ob  wir die nächste Konferenz organisieren möchten. Gerne haben wir diese wichtige Aufgabe übernommen. Es wird unsere zweite europäische Familienkonferenz in Deutschland werden. Wegen der zentralen Lage, dem guten Tagungshotel und einiger logistischer Vorteile haben wir Würzburg vorgeschlagen. Dorthin wird „Hand in Hand“ Anfang Juli zur 7. Europäischen Familienkonferenz einladen. Nach 2015 die zweite internationale Tay-Sachs-Sandhoff-Konferenz in Deutschland. Sobald der genaue Termin feststeht, werden wir Euch informieren. Wir hoffen aber, wir sehen alle deutschen Familien vom 5. bis 7. Oktober 2018 zur deutschen Konferenz und Mitgliederversammlung in Würzburg. Details zum Programm wird es in Kürze geben.

Passt auf Euch auf!