Das US-amerikanische Pharma-Startup Taysha hat im Rahmen einer Phase 1/2-Studie mit einer AAV9- Gentherapie die ersten drei Kinder behandelt. Leider ist eines der Kinder gestorben, was aber noch allen bisherigen Erkenntnissen in keinem Zusammenhang mit der Medikamentengabe stand. Bei den anderen beiden Kindern konnte der Enzymspiegel gesteigert werden.

Hier der ins Deutsche übersetzte Brief von Taysha an unsere Selbsthilfegruppe: 

Liebe Tay-Sachs- und Sandhoff-Patientengemeinschaften,

heute veröffentlicht Taysha eine Pressemitteilung in Bezug auf die laufende Phase 1/2 TSHA-101 der Queen’s University in Kanada. Es handelt sich dabei um eine klinische Prüfstudie zur GM2-Gangliosidose (Tay-Sachs und Sandhoff-Krankheit) zur Bewertung der Anwendung von TSHA-101, einer AAV9-Gentherapie zur Behandlung dieser GM2-Gangliosidosen. In dieser Pressemitteilung veröffentlichen wir erstmalig Biomarker-Daten der ersten beiden Patienten, denen in der klinischen Studie eine Dosis verabreicht wurde.

Wir geben diese Informationen im Rahmen unseres Engagements für eine kontinuierliche und offene Kommunikation gerne an die Patientengemeinschaften weiter, die Tay-Sachs und Sandhoff vertreten.

Basierend auf Daten aus einer natürlichen Verlaufsstudie haben Patienten mit asymptomatischer GM2-Gangliosidose einen Hex-A-Enzymspiegel, der mindestens 5 % der normalen Aktivität beträgt.  Der erste Patient, ein Sandhoff-Säugling, zeigte einen Anstieg von Hex A im Enzymspiegel um 190 %  zum 1-Monats-Zeitpunkt und eine 288%ige Erhöhung zum 3-Monats-Zeitpunkt innerhalb der Palette des Normalbereichs. Der zweite Patient, ein Tay-Sachs-Kind, zeigte einen 25%igen Anstieg der Hex A-Enzymspiegel nach einem Monat, der Zeitpunkt von drei Monaten ist bei diesem Kind noch nicht erreicht.

Diese positiven Ergebnisse werden durch eine schwierige Nachricht gemildert. Wir sind zutiefst traurig, dass einer der Teilnehmer der klinischen Phase-1/2-Studie mit TSHA-101, am Freitag, den 14. Januar 2022 gestorben ist. Ursache war eine Lungenentzündung mit Flüssigkeitsansammlung in der Lunge, zusätzlich zu einer sekundären, im Krankenhaus erworbenen septischen Infektion mit Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA). Der Hauptermittler hat die Einschätzung gemacht, dass der Tod in keinem Zusammenhang mit dem Studienmedikament stand. Endgültige Bestimmung aus den unabhängigen Daten des Safety Monitoring Board werden in Kürze erwartet. Wir sprechen der Familie des Teilnehmers unser tiefstes Mitgefühl aus.

Wir versprechen Transparenz und werden alle Informationen veröffentlichen, sobald sie zugänglich sind.

Hier die Antworten auf Fragen, die sich möglicherweise im Zusammenhang mit der Pressemitteilung ergeben.

Was sind die Ziele der klinischen Phase-1/2-TSHA-101-Gentherapiestudie?

  • Informationen über die Sicherheit dieser speziellen Gentherapie
  • Erfahrungen, ob das in der Erprobung befindliche Gentherapieprodukt die Hex A-Enzymaktivität verbessert

Wie viele Teilnehmer wurden bisher in der klinischen Studie behandelt?

  • Drei Teilnehmern wurde das Gentherapie-Prüfprodukt verabreicht

Was sind die frühen, vorläufigen Ergebnisse, die geteilt wurden?

  • Die veröffentlichten Daten enthalten die Ergebnisse der ersten beiden Teilnehmer, einer mit Tay-Sachs-Krankheit und einer mit Sandhoff-Krankheit.
  • Die geprüfte Gentherapie verursachte keine signifikanten arzneimittelbedingten Ereignisse.
  • Basierend auf den Daten eines Monats scheint die in der Erprobung befindliche Gentherapie den Enzymspiegel von Hex A erhöht im Blut zu haben. Und das sowohl beim bei dem Tay-Sachs-Patienten als auch bei dem Sandhoff-Patienten.
  • Wichtig ist, dass diese vorläufigen Daten das vollständige Risiko-Nutzen-Profil der geprüften Gentherapie nicht genau vorhersagen können.

Nochmals sprechen wir unser tiefstes Beileid aus und respektieren die Privatsphäre der Familie, deren Kind verstorben ist.

„Dieser Moment ist traurig, aber auch hoffnungsvoll, weil die vorläufigen Erkenntnisse aus den Biomarker-Daten positiv sind. Die Tay-Sachs- und Sandhoff-Gemeinschaft hat ein Leben verloren. Dieses Kind und seine Familie haben einen Bedeutenden Einfluss ausgeübt und sind es Pioniere in der Behandlung der GM2-Gangliosidose. Vielleicht noch wichtiger ist, dass dieses Kind eine Verbindung zu den vielen Kindern ist, denen wir hoffentlich helfen können, ihr Leben zu retten. Und so wird dieses Kind in den vielen Kindern mit Tay-Sachs oder Sandhoff weiterleben, die eines Tages von TSHA-101 profitieren könnten,“ sagt Suyash Prasad, Chief Medical Officer und Leiter der Forschung und Entwicklung bei Taysha Gene Therapies.

Wir hoffen, dass diese Informationen hilfreich sind, um einige Ihrer Fragen zu beantworten.

  • Wenn Ihr Kind derzeit an der Studie der Queens University teilnimmt, sprechen Sie bitte mit dem Arzt und seine Mitarbeiter an Ihrem Prüfzentrum
  • Bei allgemeinen Anfragen wenden Sie sich bitte an medinfo@tayshagtx.com

Wir sind dankbar für die Unterstützung und Partnerschaft der Selbsthilfegruppen für Tay-Sachs und Sandhoff und werden weitere Informationen mit Ihnen teilen, sobald sie verfügbar sind.

Hier der Brief im englischen Original:
Tay-Sachs and Sandhoff Community Letter 27JAN2022_FINAL (1)