Zum Tag der Seltenen Erkrankungen, der 2024 tatsächlich auf das Seltene Datum, 29. Februar fiel, feierte das Zentrum für Seltene Erkrankungen Nordbayern (ZESE) am Uniklinikum Würzburg sein zehnjähriges Bestehen.
Schon bei der offiziellen Gründung des Zentrums waren wir, Birgit Hardt und Folker Quack mit Dario, dabei, gründeten im Folgejahr unsere Patientenorganisation „Hand in Hand gegen Tay-Sachs und Sandhoff in Deutschland e.V.“ So und als Vertreter des Würzburger Arbeitskreis Seltene Erkrankungen (WAKSE) waren wir eingeladen, uns am Geburtstag des ZESE zu beteiligen.
Neben Eva Luise Köhler (Eva Luise und Horst Köhler Stiftung und Schirmherrin der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, ACHSE), und der ACHSE-Vorsitzenden Geske Wehr saß Folker als Patientenvertreter mit auf dem Podium und diskutierte unter anderem mit der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Dr. Sabine Dittmer, dem Dekan der medizinischen Fakultät, Prof. Matthias Frosch, dem Sprecher des ZESE, Prof. Helge Hebestreit und dem stellvertretenden Klinikdirektor Prof. Martin Fassnacht. Folker sagte, dass die Seltenen Erkrankungen durch die Zentren mehr in den Fokus der Medizin gerückt seien. Allerdings fehle es noch immer an einer ausreichenden Finanzierung bei Forschung und Behandlung von chronisch-seltenen Erkrankungen. Folker appellierte an die vielen anwesenden Mediziner, es möge doch jeder eine Art Patenschaft für eine Seltene Krankheit übernehmen. Dann müsste man vielleiht schon bald nicht mehr von den „Waisen der Medizin“ sprechen.
Prof. Dr. Helge Hebestreit, der Leiter des Würzburger Zentrums, nutzte die Jubiläumsveranstaltung auch, um auf die kommenden Aufgaben hinzuweisen. Die sieht er u.a. darin eine altersgruppenübergreifende Versorgung für die Patientinnen und Patienten sicher zu stellen. „Derzeit sind ca. 60 Prozent der Patienten im Erwachsenenalter. Allerdings gibt es große Probleme, wenn aus Kindern bzw. jugendlichen Patienten Erwachsene werden und sich dann alle Ansprechpartner ändern oder gar keine Erwachsenenversorgung existiert.
Eva Luise Köhler dankte dem Team um Prof. Hebestreit für den Einsatz: „Mit beeindruckendem Engagement und der notwendigen Portion Idealismus haben Professor Hebestreit und sein Team hier in Würzburg einen Ort geschaffen, der weit mehr ist als nur eine medizinische Einrichtung. Ihr Zentrum ist ein Leuchtturm in der Versorgung geworden, der Menschen mit Seltenen Erkrankungen Sicherheit und Orientierung gibt und auch in schwierigen gesundheitlichen Fahrwassern verlässlich den Weg weist.“
Diese Leuchtturmfunktion des Würzburger ZESE bekräftigte auch Geske Wehr, Vorsitzende der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE): „Hier werden die mit der Patientenselbsthilfe erarbeiteten Qualitätskriterien für Zentren für Seltene Erkrankungen gelebt. Die gute, umfassende Betreuung in Zukunft sicherzustellen, ist eine Aufgabe, die viel Kraft abverlangt – auch von einzelnen engagierten Köpfen. Zehn Jahre sind ein Meilenstein. Danken möchten wir insbesondere Professor Dr. Helge Hebestreit: für sein bisheriges Engagement, der Energie, die er mit Herzblut und dabei stets nahbar für seine Patientinnen und Patienten, in seine Arbeit und dieses Zentrum einbringt. Wir freuen uns auf die weitere konstruktive Zusammenarbeit, bei der die Patientenseite Gehör für ihre Anliegen erfährt.“
Neben Grußworten und der Podiumsdiskussion gab es noch interessante Fachvorträge über primäre Immundefekte, zu einzelnen Seltenen Erkrankungen und der Klinischen Genommedizin. Aber auch die sozialen Aspekte und Bewältigungsstrategien bei Seltenen Erkrankungen kamen nicht zu kurz. Im Interview mit Prof. Jürgen Deckert berichtete der von Spinaler Muskelatrophie betroffene Julian Weidel aus seinem Leben.
Stellvertretend für den WAKSE schilderte unsere 2. Vorsitzende Birgit Hardt sehr bewegend den langen Weg der Diagnose am Beispiel ihres Sohnes Dario und welche Kämpfe betroffene Familien mit den unterschiedlichen Kostenträgern immer wieder auszufechten hätten. Birgit berichtete von der Schockstarre im ersten Jahr nach der Diagnose und den Kampf zurück ins Leben bis zur Gründung der Selbsthilfegruppe. Aber auch über die immer neuen Hürden, die die unterschiedlichen Kostenträger und das Gesundheitssystem immer wieder vor einer Familie mit einem chronisch kranken Kind aufbauen. Die anwesenden Ärzte und Forscher waren sehr berührt.
Alles in allem ein sehr spannender und intensiver Tag im ZESE Nordbayern der Uniklinik Würzburg. Neben dem offiziellen Programm blieb Zeit zum Austausch mit anderen Selbsthilfegruppen, Ärzten und Forschern. Nahezu komplett vertreten war der Würzburger Arbeitskreis Seltene Erkrankungen (WAKSE), in dem Birgt für unsere Patientenorganisation mitarbeitet.
Künftig wird Folker Quack auf Einladung von Prof. Hebestreit im Beirat des ZESE Nordbayern die Patientinnen – und Patientensicht mit einbringen.
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